Experimentelle Games : Ein Spiel, das frustrieren soll
Die Wissenschaftlerin Doris Rusch untersucht die
Natur des Menschen mithilfe von Computerspielen. Und lässt Spieler dazu
Depressionen oder Sucht nacherleben.
Von Torsten Kleinz
Wo ist der kleine Vogel hingeflogen? Der schlaksige Junge auf
dem Bildschirm springt von Ast zu Ast. Immer weiter nach oben, bis er
schließlich über den Baumwipfeln ist und fast schwerelos zwischen
wirbelnden Blättern und Blumen herumhüpft. Ein paar Sekunden noch, dann
holt ihn die Schwerkraft wieder ein. Er wird heruntergezogen. Auf den
Boden, wo er schließlich in tiefem Schwarz versinkt.
Elude
ist ein atmosphärisches Computerspiel, und es dient einem Zweck:
Es will über Depressionen informieren. Mit den Mitteln eines
Jump-and-Run-Games zeigt es dem Spieler die vertrackte Reise zwischen
Stimmungshöhen und dem Versinken in emotionalen Tiefen. Und egal wie gut
der Spieler ist: Mehr als zweimal kann er den euphorischen Zustand über
den Baumwipfeln nicht erreichen. Irgendwann wird er ganz herabgezogen
unter die Erde und verschwindet in einem schwarzen Abgrund.
"Ich bin kein Therapeut, ich kann Depressionen nicht heilen", sagt die Schöpferin von
Elude
, Doris Rusch, auf der Spielekonferenz
Clash Of Realities
in
Köln
. "Aber als Spieledesignerin kann ich zeigen, wie sich bestimmte Aspekte der Depression anfühlen."
Pillen sind ein Irrweg
Entstanden ist das Spiel am
Gambit Game Lab des Massachusetts Institute of Technology
. Zusammen mit Studenten schuf Rusch hier schon mehrere Spiele,
die Aspekte des Menschseins verarbeiten. Kommerzielle Motive hat sie
dabei nicht:
Elude
kann kostenlos
auf der Institutswebsite gespielt werden
.
Vorangegangen war
Akrasia
,
ein Spiel zum Thema Sucht
. Die runde Spielfigur muss ihren Weg durch ein Labyrinth voll Pillen finden. Doch anders als bei
Pacman
haben die Pillen einen absonderlichen Effekt: Wer sie nimmt,
sieht alles in psychedelische Farben getaucht, bewegt sich plötzlich
viel schneller und bekommt das Ziel angezeigt. Doch der Weg ist ein
Irrweg. Wer hingegen keine Pillen schluckt, muss vor dem Entzugs-Monster
fliehen. Doch nur durch diesen Verzicht auf die Muntermacher-Pillen
kann der Spieler den echten Ausgang finden.
"Das Spiel war ein Experiment", sagt Rusch. "Wir wollten dem
Spieler eine Erfahrung übermitteln und ihm dabei den Weg selbst
überlassen." Tatsächlich hätten Spieler die Erfahrung recht schnell mit
Suchtverhalten, mit Konsumzwang verbunden, sagt Rusch.
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